Schloss-Schule setzt ein starkes Zeichen für Demokratie und Vielfalt

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Am 6. Juni setzte die Schloss-Schule mit Unterstützung der Schülervertretung (SMV) ein klares Zeichen für Demokratie, Vielfalt, Frieden, Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit. Im Rahmen der bundesweiten Aktion #IchStehAuf, initiiert von der Robert Bosch Stiftung und der Heidehof Stiftung, in Kooperation mit der ARD und der ZEIT Verlagsgruppe, nahmen Schulen aus ganz Deutschland teil und riefen zu einer großen Mitmachaktion auf.

Die Schloss-Schule Kirchberg ging einen Schritt weiter und organisierte eine eindrucksvolle Demonstration, die bis in die Stadt Kirchberg führte. Dort fand eine Kundgebung statt, bei der die SMV und Lehrerin Jana Gaitzsch bewegende Reden hielten. Sie sprachen über Diskriminierung und Vorurteile, betonten die Stärke der Vielfalt und die Notwendigkeit, aus Fehlern zu lernen, und unterstrichen die Bedeutung und den Wert von Demokratie und Menschenrechten.

Für die Schloss-Schule, die eine international ausgerichtete Bildungseinrichtung ist und viele Schülerinnen und Schüler aus verschiedenen Ländern beherbergt, sind Themen wie Vielfalt und Demokratie von besonderer Bedeutung. Diese Werte bilden das Fundament ihres pädagogischen Handelns und täglichen Miteinanders in einer multikulturellen Gemeinschaft.

Hier geht es zu den Reden:

Rede SMV - #ichstehauf

Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Lehrerinnen und Lehrer, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, liebe Kirchberger,

wir freuen uns, hier heute stehen zu können, um gemeinsam mit euch allen für Demokratie und Vielfalt aufzustehen. Zu allererst möchten wir uns bei euch bedanken, dass ihr alle erscheinen seid und so Interesse an unserer Gesellschaft zeigt. 

Ein jeder von euch kennt den ersten Artikel unseres Grundgesetzes: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“. Das betont, wie wertvoll jeder einzelne von uns ist. Genauso sollten wir auch miteinander umgehen und uns gegenseitig akzeptieren. Doch im Umgang mit unseren Mitmenschen verhalten wir uns nicht immer verständnisvoll. Oft entstehen auch größere und kleinere Konflikte. Weniger sichtbar als diese sind jedoch die kleinen Verletzungen, oft aus Worten heraus.

Dabei haben wir uns die Frage gestellt, haben wir schon einmal jemanden diskriminiert? Diese Frage würde ich an Sie bzw. euch gerne weitergeben: haben sie bzw. habt ihr schonmal einen Menschen bewusst oder unbewusst diskriminiert?
Doch was bedeutet Diskriminierung eigentlich? Woher kommt sie? Im Duden wird „Diskriminieren“ folgendermaßen definiert: die Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder Individuen nach persönlichen Maßstäben und Idealen. Generell knüpft Diskriminierung also sehr stark an Vorurteilen an. Wir würden behaupten, dass jeder schon einmal mit Vorurteilen konfrontiert wurde. Sie helfen uns, verschiedene Situationen einzuordnen und einzuschätzen.  Aber nicht jedes Vorurteil ist zwangsläufig negativ.

Dieses Verhalten stammt von unserem Überlebensinstinkt, welcher versucht, immer zu kategorisieren. Deshalb fühlen wir uns eher wohler mit Menschen, die ein uns bekanntes Erscheinungsbild haben. Durch Gemeinsamkeiten meinen wir, jemanden zu kennen und ihn einschätzen zu können. Wir haben Angst vor dem, was uns unbekannt ist und wir nicht beurteilen können. Aus dieser ursprünglichen Angst wurde jedoch eher Abscheu, Neid, vielleicht sogar Wut und Hass.

Anlässlich dieser negativen Entwicklung stehen wir heute gemeinsam hier, um gegen den Hass aufzustehen. Wir wollen ein gemeinsames friedliches Leben führen und um dies zu erreichen, müssen wir anfangen, uns gegen Hass und Wut zu positionieren.

Statt mit den Fingern aufeinander zu zeigen, sollten wir aus der Geschichte lernen und die Zukunft besser gestalten. Daher ist es wichtig, zu vermitteln, dass Herkunft, Sexualität, Glauben, Aussehen, Geschlecht, Überzeugungen, Identität und der soziale Stand die Person nicht definiert.

Wichtig ist es, sich auf Menschen einzulassen und sie nicht aus einem ersten Moment heraus zu beurteilen. Natürlich muss man nicht jeden Menschen mögen, aber dies ist eine Chance, sich zu hinterfragen, ob unsere persönlichen Vorurteile und Kategorisierungen die Überhand gewinnen.

Unsere Vielfalt ist unsere Stärke, die wir feiern und schützen sollten, statt Menschen in Schubladen zu stecken. Wir müssen aktiv versuchen, weg zu kommen vom Verurteilen. Wir müssen stets hinterfragen, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen und wie wir sie behandeln.

Wir werden nicht immer alles richtig machen, das ist menschlich, aber wir werden auch mit der Zeit besser werden. Umso wichtiger ist es auch, gemeinsam zu arbeiten und zu lernen. Vielleicht auch andere darauf ansprechen, wenn wir merken, dass sie sich diskriminierend verhalten, sie dabei aber nicht verurteilen, ihnen aufzeigen, was sie falsch gemacht haben oder sie gar anschreien. Nein, mit ihnen darüber reden, ihnen sagen, dass es vom Gegenüber diskriminierend und verletzend aufgenommen werden kann. Wir können nur aus Fehlern lernen, wenn wir sie auch als solche erkennen. Und manchmal brauchen wir uns gegenseitig dazu.

Unsere Schule sollte ein Ort sein, an dem sich jeder sicher und akzeptiert fühlen kann. Deshalb ist es wichtig, dass wir gegen Rassismus und Diskriminierung und für Akzeptanz aufstehen. Um dies im Alltag umzusetzen sollten wir uns gegenseitig unterstützen und respektieren.

Obwohl es sich hierbei um ein Thema handelt, dass weniger Aufmerksamkeit von Seiten der Medien bekommt, ist seine Wichtigkeit enorm. Wir wollen denen Aufmerksamkeit schenken, die niemand hört. Ihnen Mut machen, ihnen das Gefühl geben, dass auch sie wahrgenommen werden von unserer Gesellschaft.

Wir wollen auch vermeintlich kleine Dinge ansprechen und auf für uns vielleicht gar nicht sichtbare Verhaltensmuster aufmerksam machen. Denn jede positive Veränderung auf der Welt ist wertvoll, egal, wie klein sie auch scheinen mag. Und wer weiß – Vielleicht kann aus einer kleinen, netten Geste auch etwas Großes entstehen.

Lasst uns gemeinsam aufstehen dafür, dass jeder die Möglichkeit hat sein Bestes zu geben und sich zu verwirklichen.

Lasst uns gemeinsam eine Welt aufbauen, die auf Gleichberechtigung, Akzeptanz und Gerechtigkeit basiert. Lasst uns gemeinsam eine Welt aufbauen, in der die unantastbare Würde des Menschen aktiv gelebt wird.

Vielen Dank (für eure Aufmerksamkeit)

Eure SMV

 

Rede von Lehrerin Jana Gaitzsch - #ichstehauf

Ich stehe auf

… weil ich muss! Das unterschreibe ich sofort. Und doch hat die Aussage mehr Vielfalt, als es zunächst scheinen mag. Damit ist sie, finde ich, eine sehr demokratische Aussage.

Ich kam auf diese knappe Botschaft, als ich meine Kinder fragte, warum, wofür oder wogegen sie denn aufstehen würden. Der Satz „weil ich muss“ war die ebenso knappe wie ehrliche Aussage meines Sohnes.  Man kann aber auch gegen Rassismus und Antisemitismus aufstehen, wie es Kirchberger*innen übermorgen tun werden, man kann für längere Ferien und kürzere Schultage aufstehen, man kann für mehr Buslinien und pünktliche Züge aufstehen, man könnte sogar für die Schule aufstehen – zum Beispiel für eine ohne Noten … oder mit mehr Sport … oder mehr Kunst … oder mehr Freiraum …oder für eine demokratischere Schule.

Morgens stehe ich auf, weil ich muss, denn ich muss zur Arbeit gehen. Aber meistens möchte ich auch zur Arbeit gehen, manchmal aber auch nicht so arg. Es müsste nur nicht immer so früh sein. Ich habe keine Pflicht zu arbeiten – jedenfalls keine gesetzliche… na ja, ich muss (da ist es ja wieder) meinen Arbeitsvertrag erfüllen. Ich habe kein Recht auf Arbeit, steht jedenfalls keins bei den Grundrechten im Grundgesetz, unserer Verfassung. Ich tue das, weil ich es möchte und weil mir der Beruf Spaß macht, weil er zu mir gehört. Okay, und ich verdiene mein Geld damit, da ist schon auch ein ziemliches ökonomisches „Muss“ mit dabei – und es ist der einzige Beruf, den ich gelernt habe – auch da kommt irgendwie ein Muss mit rein. Das spannende aber an meinem berufliche „Muss“ ist, dass jeder Tag eine Chance ist, ihn zu gestalten. Und da wird’s demokratisch. Ich kann mich einmischen, ich kann mich zu Wort melden, ich kann scheitern – das kann auch eine Chance bedeuten - ich kann versuchen, zuzuhören, ich kann versuchen, zu helfen, ich kann versuchen, jungen Menschen etwas beizubringen. Zum Beispiel das Handwerkszeug für mündige Bürger*innen:

  • zu wissen, wo und wie man sich informiert, und was Fake News oder Deep Fakes sind
  • zu wissen, wie man nicht nur behauptet, sondern auch begründet,
  • zu wissen, dass es sehr häufig mehrere richtige, unterschiedliche Antworten auf eine Frage geben kann und auch, welche Antworten es schon gibt
  • zu wissen, welche Möglichkeiten man hat und welche Grenzen gesetzt sind – und wo es spannend sein könnte, beides zu hinterfragen

Ich stehe auf, weil ich muss. Ich meine damit nicht das vordergründige müssen im Sinne des unliebsamen „ich darf oder kann ja nicht anders“. Das fände ich auch nicht eben demokratisch. Ich denke da an etwas anderes, etwas zutiefst demokratisches.

Bundespräsident Steinmeier hat mal gesagt „Wir brauchen die Demokratie – aber ich glaube: Derzeit braucht die Demokratie vor allem uns!“ – und das kommt dem müssen, das ich meine, schon ziemlich nah. Ich möchte und muss mich einbringen, wir müssen uns einbringen, wenn die Demokratie mehr als ein Wort sein soll. Wenn sie mit Leben gefüllt werden soll, wenn sie sich weiterentwickeln soll. Ich finde, Demokratie ist wichtig genug, sich dafür einzubringen. Wenn niemand mitmacht, wenn zu viele von uns andere Menschen entscheiden lassen, wenn zu viele denken „ich kann eh nix ändern“, dann wird die Demokratie zu Grunde gehen. Dann gewinnt die Lautesten, die Stärksten, die Mächtigsten oder die Reichsten und das will ich nicht, also muss ich aufstehen.

Eine*r allein kann tatsächlich fast nichts ändern, auch und gerade in einer Demokratie nicht. Mir dürfte auch niemand „alle Macht“ in die Hände geben, weil ich sowas von nicht unfehlbar bin, ich würde mit bestem Wissen und Gewissen ganz viel falsch machen, ganz bestimmt ungerecht sein, viele und vieles übersehen oder vergessen und deshalb „alle Macht“ ganz schnell verteilen, an ganz viele Menschen. Auch – das fände ich dann schon wichtig - an Menschen, die nicht meiner Meinung sind.

Wenn aber die/der Eine, der die Einzelne seinen/ihren Mund aufmacht – daher kommt ja u.a. die mündige Bürgerin / mündiger Bürger – und Mitstreiter*innen sucht, Argumente findet, sich gegen Gegenwind und Gegenargumente wappnet, dann kann aus einem/einer Einzelnen eine Gruppe werden, können es viele werden, und viele zusammen können etwas bewegen – auch und gerade in einer Demokratie. Ich stehe auf, weil ich muss, wenn ich diese Demokratie mit diesen Chancen haben und weiterbauen will. Mit all ihren Freiheiten, mit all ihrer Streitbarkeit und mit ihrer Wehrhaftigkeit gegen ihre Feinde.

Ich bin in einem Staat geboren, der sich demokratisch nannte, aber nicht demokratisch war. Dieser Staat ging unter, als die schweigende Mehrheit nicht mehr schwieg und sich sammelte, auf die Straße ging, Demokratie und Menschenrechte einforderten … als wichtigstes wohl ihre Freiheit. (Und die weltpolitische Lage war auch noch günstig.) Ich stehe auf, weil ich in einer Demokratie freier Individuen leben möchte, die keinen Menschen ausgrenzt.

„Demokratien basieren auf Optimismus“ soll Jörg Sommer, derDirektor des Berlin Institut für Partizipation gesagt haben. Optimismus … schon wieder ein Muss, nur wieder ein anderes. Da wird Demokratie sogar zur Glaubenssache, selbst für einen nicht gläubigen Menschen wie mich. Ich glaube, die Demokratie ist tatsächlich die beste Regierungsform, die Menschen an sich und für sich bislang über längere Zeit ausprobiert haben. Wenn wir glauben, dass Demokratie mit all ihren Chancen und Möglichkeiten die beste Idee ist, uns zu regieren, dann müssen wir uns einbringen. Und dafür braucht es eine gesunde Portion Optimismus, Ideen einzubringen, eine Zukunft gestalten zu wollen und auch zu können. Den Optimismus, das wir zusammen wirklich etwas bewegen können, das wiralletatsächlich die Veränderung sein können und sollten, die wir in der Welt sehen wollen. Den Optimismus, dass die eigene Idee vielleicht doch nicht so schlecht ist. Ich stehe auf, weil ich diesen Optimismus habe.

Ich stehe auf, weil ich muss, weil die Zukunft, wie der Philosoph Karl Popper sagte, offen ist. Sie ist offen, denn sie hängt von uns ab – von uns allen.“ – so Popper. Von uns allen, auch von uns allen hier – wir können unsere Zukunft gestalten. Unsere private, individuelle Zukunft, die Zukunft der Klasse oder Jahrgangsstufe, der Schule, der Projekttage, des Unterrichtes, der Pausen – auf die haben wir, so wie wir hier stehen, Einfluss. Die Zukunft unserer Familien, unserer Heimatorte und unserer Heimatländer … die können wir gestalten, wenn wir uns einbringen (können), wenn wir bereit sind, auch mal den scheinbar schweren Weg zu gehen, wenn wir uns einer uns wichtigen Bewegung anschließen oder selbst eine gründen. Wenn wir uns treiben lassen, überlassen wir unsere Zukunft anderen und verlieren Stück für Stück unsere Stimme. Wenn wir verstummen, sind wir keine mündigen Bürger*innen mehr, keine Gestalter*innen unserer Zukunft. Ich stehe auf, weil ich muss … weil ich Zukunft gestalten will, eine von so vielen möglichen Zukünften.

„Sobald einer über die Staatsangelegenheiten sagt „Was geht’s mich an?“, muss man damit rechnen, dass der Staat verloren ist.“ soll der Philosoph Jean-JacquesRousseau schon in der Mitte des 18. Jahrhundert gesagt haben. Da waren fast alle Staaten Europas keine Demokratien, Deutschland gab es noch nicht, die USA waren noch nichtmal unabhängig, Japan und China waren Kaiserreiche, Korea war unter chinesischer Vorherrschaft, auch die französische Revolution lag noch in der Zukunft.  Und doch hat er, wie finde, den Geist der Demokratie auf den Punkt gebracht. Sie ist verloren, wenn die Menschen pessimistisch sagen „was geht mich das an“ – diese Stadt, diese Schule, meine Klasse, meine Kolleg*innen, mein Dorf, dieses Land, meine Freunde, mein Verein, meine Band, mein Team, dieser Staat, dieses Europa (am Sonntag sind Wahlen!!!) – diese Welt.

Ich denke ja, das alles geht mich was an, weil ich Teil davon bin. Und weil ich lieber was sage, als den Mund zu halten, weil ich lieber hinschaue und mitreden will, weil ich mitmachen will … muss ich aufstehen.

Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie wie ist, es wär nur deine Schuld wenn sie so bleibt. – singen die Ärzte – und weil es nicht meine Schuld sein soll, steh ich auf!

Jana Gaitzsch

 

 

 

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