Im Gespräch mit Hannah Vonberg - November 2024
Die ehemalige Schülerin der Schloss-Schule lebt derzeit in Halifax und hat im Herbst 2024 ihren Master in Umweltwissenschaften erfolgreich beendet. Sie absolvierte im Jahr 2018 ihr Abitur und beschäftigt sich mit dem wichtigen Thema Mikroplastik.
Was fällt Dir spontan als Erstes ein, wenn Du an die Zeit an der Schloss-Schule denkst?
Das was mir als Erstes in den Sinn kommt, ist tatsächlich das Schulgelände. Die Natur, die Tiere, das Klettergerüst. Vor allem das Draußen-Sein-Können, wenn man die ganze Zeit im Unterricht gesessen ist. Im Nachhinein betrachtet war das Thema Natur auch damals schon wichtig – heute weiß ich warum…
Für mich stand die Schloss-Schule immer fest. Meine Eltern wollten eigentlich, dass ich mir auch andere weiterführende Schulen anschaue, aber für mich war das kein Thema. Die Schloss-Schule war der Traum, der in Erfüllung ging.
Was hast Du im Vergleich zur Grundschule an der Schloss-Schule anders wahrgenommen?
Der Sprachunterricht war echt toll! Da kann ich mich noch gut erinnern. Heute weiß ich, dass dies auch für meinen weiteren Weg nach der Schule elementar war und mir viel Selbstvertrauen gegeben hat. Die Sprachen haben mir immer viel Spaß gemacht!
Am Anfang ist alles was man lernt irgendwie abstrakt. Aber ab der 10. Klasse wurden die Inhalte konkreter und anwendungsbezogener, so ich habe vor allem bei den Sprachen eine bessere Vorstellung und neue Motivation entwickelt. Außerdem war klar, wenn ich ins Ausland gehen möchte, ist es wirklich wichtig, dass ich gut Englisch kann. Da bildet sich dann nochmal eine ganz andere Sinnhaftigkeit heraus.
Auch hatte ich immer das Gefühl, dass ich mich in meinem Tempo entwickeln kann und die Schritte von den Lehrkräften mit einer großen Offenheit begleitet werden.
Was hat sich dann auf der Schloss-Schule für Dich geändert?
Manchmal habe ich einfach länger gebraucht – nicht lerntechnisch, sondern auf der persönlichen Ebene. Und dies war an der Schloss-Schule möglich. Auch, dass man manche Unterrichtsinhalte sehr praktisch lernen durfte: Beispielsweise war ich einige Jahre in der Big Band statt klassische Musik-Theorie zu besuchen. Das war einfach spannend und hat Spaß gemacht, und die Musik ist mir bis heute geblieben, ich spiele immer noch Trompete. Und auch die AG´s und die ergänzenden Unterrichtsangebote in den höheren Klassen tragen dazu bei, einfach anders zu lernen und mehr Erfahrungen zu machen, wie wenn man „nur“ den klassischen Unterricht besuchen würde.
Auch das Kurssystem in der Oberstufe fand ich toll. Die kleinen Gruppen und auch die Nähe zu den Lehrkräften waren für mich sehr hilfreich und es ergab sich dadurch eine engere Beziehung. Hierbei habe ich sehr viel mehr Sicherheit erlernt, zum einen für mich persönlich, aber auch das Vertrauen in meine Entscheidungen. Dies war eine wichtige Grundlage für meinen weiteren Lebensweg!
Was hast Du an der SK als prägend erlebt? Welche Werte, Lebensweisheiten oder sonstigen Einflüsse begleiten Dich bis heute?
Es waren für mich weniger Worte oder Lebensweisheiten im klassischen Sinn. Ich hatte das Glück Lehrkräfte zu haben, die mit ihrer Persönlichkeit für mich zum Vorbild wurden. Die Art wie sie mit uns umgegangen sind, den Unterricht gestaltet haben, haben mich natürliche Autorität, einen Umgang auf Augenhöhe und das Führen einer Gruppe gelehrt. Hier ging es nicht um eigene Befindlichkeiten oder Macht. Sie waren, so hab ich es empfunden, bei sich angekommen und zufrieden und mussten nichts kompensieren. Das fand ich sehr beeindruckend.
Auch außerhalb der Schule und nach der Schulzeit kann und konnte man sich noch an die Lehrkräfte wenden und auch dann noch Unterstützung bekommen. Dies hat für mich Vorbildfunktion und inspiriert mich sehr.
Wie ging es nach der Schloss-Schule weiter?
Nach dem Abschluss wollte ich erstmal ein Jahr Pause machen und mich orientieren, dafür habe ich dann einen Freiwilligendienst bei einer Umweltorganisation am Bodensee absolviert. Hierbei habe ich das wissenschaftliche Arbeiten bereits kennengelernt und meine Freude dafür entdeckt. Hier waren für mich die Theorie und die Praxis nah beieinander, und auch die Vielseitigkeit der Tätigkeit hat mir gut gefallen. Allerdings bin ich dann erst einmal meinem anderen großen Interessengebiet nachgegangen: Nach dem Jahr am Bodensee bin ich in die Niederlande, nach Den Haag, um Internationale Beziehungen zu studieren. Diesen Studiengang gab es damals nicht in Deutschland. Hier bin ich dann leider voll in die Corona-Zeit reingerutscht was natürlich die Möglichkeiten und den Ablauf des Studiums, wie überall, überschattet hat. In dieser Zeit hat sich mir dann aber trotzdem die Möglichkeit geboten für ein Semester im Bereich Umweltwissenschaften nach Halifax zu gehen. Und diese Chance habe ich ergriffen. Es hat mir super gefallen und ich habe gemerkt, dass mich das Thema Umwelt weiterhin sehr interessiert und mir der Bereich der Internationalen Beziehungen nicht die Sinnhaftigkeit gibt, die ich mir für meine berufliche Zukunft vorgestellt hatte. In Den Haag habe ich dann mein Bachelorstudium zu Ende gebracht und konnte anschließend für das Masterstudium im Bereich der Umweltwissenschaften wieder nach Halifax zurückkehren. Meinen Master habe ich jetzt gerade, im Herbst 2024, erfolgreich beendet. Und derzeit widme ich mich in Teilzeit den Recherchearbeiten in meinem Wunschbereich Mikroplastik, was auch der Inhalt meiner Masterarbeit war. Die globale Verbreitung dieses Schadstoffes und was das für uns als Weltgemeinschaft bedeutet, ist unglaublich wichtig! Die Forschung darüber, wie sich das Mikroplastik verhält, welche Mechanismen dieses Verhalten beeinflussen, und vor allem wie wir das Mikroplastik wieder entfernen können und welche Technik dafür erforderlich ist, ist elementar und unglaublich spannend.
Was einige meiner Kollegen auch in Untersuchungen herausgefunden haben, ist, dass Mikroplastik bereits in Proben zu finden ist, als es eigentlich noch gar keine Plastik-Produktion gab. Auch dies ist extrem spannend und wirft ganz viele Fragen auf, die es noch zu erforschen gilt.
In diesem gesamten Bereich sind unglaublich tolle und interessante Menschen tätig, auch auffallend viele Frauen. Es macht viel Freude in solch einem positiven Umfeld zu arbeiten, weiter täglich dazuzulernen, und sich einzubringen.
Durch meine Einblicke in die Internationalen Beziehungen und jetzt durch die Umweltwissenschaften merke ich, dass es mir leicht fällt die globalen Zusammenhänge und auch politische Mechanismen leichter zu verstehen und politische mit Umweltthemen zu verbinden. Ich denke, dass ich in der Zukunft vielfältige Möglichkeiten habe, mich zielgerichtet und sinnhaft für positive Entwicklungen in und für die Welt einzusetzen! Das ist für mich DIE Motivation schlechthin!
Beruflich geht es jetzt für mich zunächst in Halifax bzw. Toronto mit dem Antritt einer Doktorandenstelle ab dem kommenden Jahr weiter – darauf freue ich mich sehr!
Falls Du schon mal ein Klassen- oder Jahrgangstreffen hattest, welche Geschichten und Anekdoten dürfen hierbei nicht fehlen?
Die Kursfahrten sind mir in guter Erinnerung. Die waren echt toll und haben viel Freude bereitet. Und was natürlich damals auch dazu gehörte ist, dass wir nach dem Mathe-Abi gemeinsam zum Wanderparkplatz sind und dort gefeiert haben.
Wofür bist Du dankbar?
An der Schloss-Schule: einzelne Lehrkräfte, die mich wirklich inspiriert haben. Die immer da waren und unterstützt haben und bei denen man sein gesamtes Entwicklungspotential ausschöpfen konnte. Da habe ich mich auch immer sehr sicher gefühlt.
Dankbar bin ich auch meinem Projekt-Team aus dem Master, und meinen Freunden und Wegbegleitern. Das alles hätte ich niemals ganz allein geschafft. Im wissenschaftlichen Bereich gibt es die nette Redewendung „standing on the shoulders of giants“, an die muss ich oft denken.
Und vor allem bin ich meiner Familie extrem dankbar, die immer an mich geglaubt hat und mich auch immer unterstützt hat! Durch die soziale Sicherheit habe ich den Glauben an mich selbst stets gespürt und das schafft ein enormes Vertrauen! Diese Erfahrung möchte ich sehr gerne selbst weitergeben!
Was würdest Du heute, rückblickend auf Deine Schulzeit, anders machen?
Im Nachhinein würde ich mir weniger Druck aufbauen. Ich habe mir oft selbst so viel Stress gemacht und Erwartungen an mich gestellt, die sonst keiner hatte. Dieser Druck ist an vielen Stellen gar nicht nötig. Soziale Verbindungen aufzubauen und zu pflegen, auch Routinen aufzubauen und einfach Spaß haben, würde ich heute mehr forcieren! Öfter mal lockerlassen und die Schulzeit nicht zu „schwer“ nehmen und den Fokus auf das richten was danach alles kommen kann. Das würde ich heute versuchen anders zu machen.
Würdest Du gerne die Schule und die jetzigen Schüler*innen unterstützen?
Wenn ja, was könntest Du Dir vorstellen?
Sehr gerne stehe ich für Vorträge und Gespräche zur Verfügung, sowohl thematisch im Bereich der Umweltwissenschaften, gerne teile ich aber auch meine persönlichen Erfahrungen. Beispielsweise die Herangehensweise mit dem Studium im Ausland oder was sonst von Interesse ist. Ich würde mich freuen, von Schüler*innen zu hören!
Was möchtest Du sonst noch mitteilen?
Zwei gegensätzliche Themen sind mir abschließend noch wichtig:
Zum einen - Mobbing in der Schule und auch später im Leben passiert. Diejenigen, denen es wiederfährt, haben über sehr lange Zeit damit zu kämpfen und dies kann wirklich stark belasten. Sollte man eine solche Erfahrung machen, ist es aber wichtig nicht nur das Negative zu sehen, sondern auch Kraft aus dem Erlebten zu schöpfen, um Veränderungen herbeizuführen. Das Wichtige ist aus meiner Sicht die Dinge nicht nachzutragen, sondern den Fokus darauf zu lenken was es trotzdem für positive Aspekte gibt, was man aus solch einer Situation machen kann und was ich für die Zukunft daraus lernen kann!
Zum anderen möchte ich gerne alle Schüler*innen ermutigen die Schule als einen Ort zu sehen an dem man so viele verschiedene Dinge erfahren und lernen kann. Dort kann man sich selbst ganz unverfänglich beobachten und schauen, was interessiert mich wirklich und welche Themen kommen zu mir zurück und geben mir Kraft und Energie?! Wo vergesse ich die Zeit und was fällt mir leicht, was interessiert mich und macht mir wirklich Freude. Und auch den Mut zu haben, die Richtung zu ändern, wenn es dann doch nicht passt. Das sind die besten Voraussetzungen, um den Weg herauszufinden, den man später beruflich einschlagen möchte!