Anti-Diskriminierungs-Workshop - Gemeinsam zwischen Rassismus, Mobbing und Diskriminierung unterscheiden

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Keine leichte Kost, die sich der gelernte Erzieher und Internatsmentor, Mouad Bouzid (23), als Workshop-Thema für die Neunt- und Zehntklässler*innen des Schloss-Schul-Internats, ausgedacht und selbständig vorbereitet hatte. Immerhin ein Thema, das seit geraumer Zeit in aller Munde, und in vielen Talkshows medial vertreten ist: Wie kann man Diskriminierung erkennen und vermeiden?

So in etwa war der Anti-Diskriminierungs-Workshop des angehenden Sozialarbeiters, Bouzid (er studiert nebenberuflich), auch aufgebaut. Zudem firmiert die Schloss-Schule samt Internat, ausgezeichnet mit dem Siegel, als „Schule gegen Rassismus. Schule mit Courage.“.

Die Sprache und der Alltag der meisten Schüler*innen hat sich über Jahre verändert und damit auch die Sprache ganz extrem. Was früher nicht beanstandet wurde, wird heutzutage, auch im Wandel der Zeit und der Gesellschaften, die sich multikulturell und multiethnisch zusammenfügen, als verletzend bis diskriminierend beschrieben und wahrgenommen. Man könnte auch festhalten, die Gesellschaft hat sich mehr für Minderheiten, die sonst nicht den Mut hatten, auf sich aufmerksam zu machen, sensibilisiert. Natürlich, und auch das war Thema des Workshops, der von Mouad Bouzid gekonnt und gut vorbereitet moderiert wurde, könne und dürfe man nicht jedes Wort und jede ernst gemeinte Frage, zum Beispiel, woher eine bestimmte Person komme, weil man diese bereits vom Aussehen irgendwohin verorten könnte, nicht per se als rassistisch oder diskriminierend bezeichnen. Letztendlich sei es immer die jeweilige Person selbst, die das für sich entscheiden müsse.

Der 23-jährige Mentor hat innerhalb des Internats schon früh damit begonnen, die Schüler*innen für falsche Begriffe und Schimpfworte zu sensibilisieren und klärte die meisten im Lauf des vergangenen Schuljahres immer wieder – auch mit Unterstützung der Kolleg*innen – gezielt auf. So gibt es eine ganze Reihe, ja, fast gängiger Wörter, die wirklich verletzend sein können, selbst wenn die Schüler*innen oft meinten, das sei der normale „Umgangston“, sowie „Jugendjargon“. Definitiv sind es stets Begriffe gewesen, bei denen Menschen, selbst wenn sie sich nicht dazu äußern, sehr verletzt sein können – außerdem, so waren sich die Mentor*innen mit Bouzid einig, haben solche abwertenden Begriffe in der Umgangssprache nichts zu suchen – auch im Bewusstsein, dass das eine oder andere Schimpfwort vielleicht mal im Ärger oder Affekt fallen könne. Die Erzieher*innen und Mentor*innen haben die Vorgehensweise von Bouzid reflektiert und fanden die Initiative des aus Algerien abstammenden Mentors, sehr gut.

Rund 12 Schüler*innen fanden sich zum Anti-Diskriminierungs-Workshop dann auch ein. Alle waren sie neugierig und wollten neues erfahren.

Mit plakativen Vorurteilen auf Papier, war schon der Weg in die Räumlichkeiten des Workshops gepflastert, so konnten die Schüler*innen beispielsweise lesen, „Ist es okay, das N-Wort im Alltag zu verwenden?“, oder aber auch, „Viele Ausländer wollen nicht arbeiten, stattdessen von den Steuern der anderen leben“, aber auch ein DIN-A4-Blatt mit der Aufschrift, „Deutsche Kartoffel zu sagen, ist lustig…“ – die Schüler*innen wurden animiert, gemeinsam in Diskussion zu treten.

In Kleingruppen und mit Stiften und Haftnotizzetteln ausgestattet, ordneten die Schüler*innen zu, was tatsächlich als diskriminierend, rassistisch und als Mobbing wahrgenommen werden könnte. Manchmal auch alles gemeinsam. Denn, wer sich rassistisch, gegen jedwede Gruppe oder Minderheiten äußern würde, politisch oder auch nur individuell, grenze eigentlich immer Menschen aus, da waren sich die meisten Schüler*innen schnell einig. Definitionen von Diskriminierung und Rassismus wurden in Partnerarbeit gefunden und vorgetragen.

Genügend Zeit ließ Mouad Bouzid den Jugendlichen auch zur Reflektion.

Thematisiert wurde von den Schüler*innen auch, dass es eine Art von Rassismus und Diskriminierung zugleich sei, wenn jemand wegen seines Aussehens beleidigt und per se einer anderen, fremdartigen Gruppierung zugeordnet würde – ohne dass man sich jedoch mit der betreffenden Person tatsächlich auseinandergesetzt habe. Hier, so Bouzid, sei es wichtig auf Kommunikation und Offenheit zu setzen, mit den Menschen ins Gespräch zu kommen, um auch eigene Vorurteile abzubauen.

Richtig interessant wurde es, als die Schülergruppe interaktiv in eine Art „Reflexionsspiel“ geführt wurde. Der Mentor verteilte Karten mit den unterschiedlichsten Rollen der Gesellschaft an die Schüler*innen, die sich nebeneinander aufstellen sollten. Nach vorne treten durften sie laut Anweisung nur, wenn eine vom Moderator Bouzid gestellte Frage auch zutreffend sei. Die Aufgabe war also, dass sich die Schüler*innen als jeweils andere Personen mit ganz anderen Biografien wahrnehmen, beziehungsweise sich in diese hineindenken sollten. Wer für sich mit „Ja“ antworten konnte, durfte also einen Schritt nach vorne tun.

Ein schattiges Plätzchen auf dem Schulhof war schnell gefunden und los ging’s. Bouzid las laut vor, „Du wohnst in einem Haus, mit Strom und fließend sauberem Wasser.“ – schon früh blieben ein paar zurück. Oder, „Du hast Angst, nachts einzuschlafen“ – wer würde da eventuell vortreten oder stehen bleiben. Zeit zur Reflektion gab es immer – und es war interessant zu sehen, wie die Schüler*innen ihre neue Rolle interpretierten. Ob als Obdachloser ohne festen Wohnsitz oder als Schülerin aus dem Iran mit Kopftuch an einem Gymnasium, sowie der deutsche Diplomatensohn in Indonesien, die einen nahmen sich als sehr privilegiert wahr, die anderen blieben zurück, weit hinten abgeschlagen, da sie sich als Kind einer Hartz-IV-Familie oder als Flüchtling und ehemaliger Soldat im Sudan eben nicht ganz der Gesellschaft zugehörig fühlten. Die Schüler*innen erzählten dann auch freimütig, wie dieses Gefühl sei. Nicht gut, jedenfalls. Es ist der Verdienst Bouzids, dass er die Jugendlichen gekonnt und offen durch das Spiel führte und sie sich auch mitteilten, was sie eben dachten.

Die Abschlussrunde im Workshop war nochmals aufschlussreich, auch wenn es manchmal Unterschiede in den Ansichten gab, was denn nun Rassismus oder Diskriminierung sei – bewusst oder unbewusst. Auch gehe es dann darum, offen gegen eine diskriminierende Mehrheit, Stellung zu beziehen, doch wer kann das schon? Wer hat den Mut dazu? Darum geht es, die jungen Generationen zur Wachsamkeit zu bestärken. Am Ende des interessanten Nachmittags gab es sogar eine persönliche Teilnahme-Urkunde, für jede*n Schüler*in. Und natürlich, komme diese immer gut an, wenn man sie später zu Bewerbungen dazu legen würde. Engagement für die Gesellschaft werde schließlich immer honoriert.

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