Im Gespräch mit Herrn Dr. Peter Nikolaus - April 2023
Der ehemalige Schüler war vor über 60 Jahren in Kirchberg im Schloss, ist Internist und hatte über viele Jahrzehnte eine Praxis in Crailsheim. Peter lebt mit seiner Frau in Crailsheim und ist heute noch beruflich aktiv.
Was fällt Dir spontan als Erstes ein, wenn Du an die Zeit an der Schloss-Schule denkst?
Zunächst muss ich feststellen, dass ich erst 10 Jahren alt war, als ich an die Schloss-Schule kam. Dies war ein einschneidendes Erlebnis für mich als Kind.
Als Nächstes erinnere ich mich an eine sehr emotionale Geschichte: Als das Dach des Schlosses neu gedeckt wurde, fand man ein Dohlennest mit noch unbefederten Jungvögeln. Ich habe ein Junges in Obhut genommen und es großgezogen. Jakob, so hieß der Vogel, war immer bei mir. Er gedieh prächtig, lernte fliegen und kam von seinen Ausflügen immer wieder zurück. Nachts saß er neben mir auf der Lehne des Stuhls. Mit den großen Schulferien allerdings verlor ich ihn aus den Augen.
Welche schulischen Stationen hattest Du vor der Schloss-Schule?
Ich besuchte die Grundschule meines Heimatdorfes, in dem mein Vater eine Arztpraxis hatte. Danach war klar, dass ich auf eine weiterführende Schule gehen sollte. Das nächstgelegene Gymnasium befand sich jedoch ca. 15 Kilometer entfernt und die Busverbindung dorthin war damals noch schlecht. Daher haben sich meine Eltern für ein Internat, die Schloss-Schule in Kirchberg, entschieden.
Was hast Du an der Schloss-Schule als prägend erlebt? Welche Werte, Lebensweisheiten oder sonstigen Einflüsse begleiten Dich bis heute?
Das Internatsleben hat uns sehr schnell zur Selbständigkeit geführt. Die Fähigkeit, sich zu organisieren und alleine zurechtzukommen, ist ein wesentlicher Einfluss, der mich ein Leben lang begleitet.
Wie ging es nach der Schloss-Schule weiter?
1959 wechselte ich auf das Albert-Schweizer-Gymnasium in Crailsheim und legte dort mein Abitur ab. Danach ging es weiter nach Würzburg zum Medizinstudium. Meine Wehrpflicht als Stabsarzt verbrachte ich in Regensburg und absolviert auch dort meine Facharztausbildung zum Facharzt für Innere Medizin im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder. 1979 ließ ich mich in Crailsheim nieder. In den folgenden Jahrzehnten habe ich dann noch weitere Kollegen zu einer Gemeinschaftspraxis aufgenommen. Inzwischen bin ich im Ruhe-, besser im Unruhestand und arbeite noch 2 bis 3 Tage in der Woche.
Welche Geschichten und Anekdoten aus der Zeit an der Schule dürfen auf keinen Fall fehlen?
Sehr gerne erinnere ich mich an Frau Ursula Borchers, sie war für mich eine wichtige Bezugsperson, auch meine Klavierlehrerin und hat die Liebe zur Musik bei mir geweckt.
Nicht ganz so begeistert war ich von Latein. Mein damaliger Lateinlehrer war ein sanftmütiger und sehr hilfsbereiter Lehrer. Er gab mir auch Nachhilfe und manchmal, wie zufällig, lagen die Aufgaben der kommenden Klassenarbeit offen auf dem Tisch. So war es mir häufig möglich, sehr gute Noten in Latein zu erzielen.
Strategisch zu handeln habe ich schon als Erstklässler gelernt: Beim Mittagessen war es sinnvoll, sich bei der ersten Runde eine kleinere Portion geben zu lassen, um dann beim Nachschöpfen mit einer der Ersten zu sein. Dann konnte man sich den Teller vollschöpfen, bevor die Schüsseln leer waren.
Dann fällt mir auch noch ein, dass wir uns gelegentlich nachts ein Moped „ausgeliehen“ haben, das in der Orangerie abgestellt war. Nun ja, so richtig offiziell ausgeliehen war es nicht (er grinst), aber wir wussten, dass der Schlüssel steckte.
In der Freizeit war für uns ein wichtiger Treffpunkt der „Stern“ dort haben wir uns schon ganz schön erwachsen gefühlt!
Wofür bist Du dankbar?
Ich bin für alles dankbar, so wie es war.
Was würdest Du heute, rückblickend auf Deine Schulzeit, anders machen?
Manches Talent, das nicht so gefördert wurde, würde ich mir heute wünschen, dass es mehr beachtet worden wäre. Ansonsten lief alles so, wie es eben lief. Wir hatten auch keine Wahl.
Was möchtest Du sonst noch mitteilen?
Es ist meiner Meinung nach wichtig, dass Werte wieder stärker vermittelt werden! Dazu zählen für mich als Grundlage die ethischen Prinzipien. Den jungen Menschen sollte gezeigt werden, was wirklich wichtig ist im Leben. Dazu gehört für mich ein lebendiger und authentischer Umgang.
Für mich war beispielsweise bereits sehr früh Albert Schweitzer ein Vorbild. Das Identifizieren mit Persönlichkeiten darf und sollte auch heute nach außen getragen werden und man sollte vor allem auch selbst danach leben, um eventuell auch selbst als Vorbild zu fungieren oder zumindest eine Orientierung zu bieten.
An der Schule gab es für mich verschiedene Vorbilder, beispielsweise die Heimleiterin Amalie Pfündel, aber auch Heinz und Ursula Borchers, Herr Dr. Lange, unser damaliger Sportlehrer Herr Schmitt – um einige zu nennen. Das Verhalten dieser Menschen und der Umgang mit uns als Schüler, war prägend. Wir sind sehr schnell zur Selbständigkeit erzogen worden, hatten aber trotzdem immer nahbare Ansprechpartner, die für uns da waren.
Außerdem kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass ein Internat und die Schule auch weiterhin eine Art Familienersatz sein können, vor allem auch für kleine Kinder.